Österreichisches Begleitgesetz zum Digital Services Act
Der Digital Services Act (DSA) bzw. das Gesetz über digitale Dienste (VO (EU) 2022/2065) tritt am 17. Februar 2024 zur Gänze in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union unmittelbar in Kraft, nachdem einzelne Bestimmungen bereits seit 16. November 2022 gelten. Der DSA sieht Pflichten für Online-Vermittlungsdienste vor, um die Rechte der Unionsbürger im digitalen Umfeld möglichst umfassend zu wahren.
Österreich hatte bereits 2021 ein nationales Kommunikationsplattformen‑Gesetz (KoPl‑G) erlassen, das teilweise ähnliche Pflichten vorsah. Da es keine Deckung im Unionsrecht fand, war seine Zulässigkeit von Beginn an umstritten. Die Internet-Diensteanbieter Google, Meta (Facebook) und Tik Tok hatten das KoPl-G daher bekämpft. Der EuGH bestätigte mit seinem Urteil vom 9. November 2023 (C-376/22), dass das KoPl-G mit dem Herkunftslandprinzip der E-Commerce-Richtlinie unvereinbar ist. Aufgrund der gleichlautenden Stellungnahme des Generalanwalts war dieses Urteil vorhersehbar.
Um das österreichische Recht in Einklang mit dem DSA zu bringen, wurde nun der Entwurf für ein DSA-Begleitgesetz vorgelegt, mit dem ein neues Koordinator-für-digitale-Dienste-Gesetz (KDD-G) erlassen, bestehende Gesetze geändert und das KoPl-G zur Gänze aufgehoben werden soll.
1. Koordinator‑für‑digitale‑Dienste‑Gesetz (KDD‑G)
Nach dem DSA muss ein Koordinator für digitale Dienste eingerichtet werden. Zuständige Behörde ist in Österreich die KommAustria. Dabei soll sie unter anderem außergerichtliche Streitbeilegungsstellen und vertrauenswürdige Hinweisgeber zulassen bzw. widerrufen. Ihr soll auch die Kompetenz zukommen, in Beschwerdesachen selbst mit Bescheid zu entscheiden.
Zur Wahrnehmung ihrer Befugnisse soll die KommAustria gesetzlich ermächtigt werden, die entsprechenden personenbezogenen Daten zu verarbeiten (§ 3 Abs 1 KDD-G).
Liegen die Voraussetzungen des DSA vor, so hat die KommAustria einen Antrag auf Anordnung der vorübergehenden Einschränkung des Zugangs der Nutzer zu dem betroffenen Dienst oder zu der betroffenen Online-Schnittstelle des Anbieters von Vermittlungsdiensten beim Bundesverwaltungsgericht zu stellen.
Für Verstöße gegen Bestimmungen des DSA durch Anbieter von Vermittlungsdiensten, Hostingdiensten, Online-Plattformen oder Suchmaschinen sieht das KDD-G Verwaltungsstrafen vor.
2. Weitere Begleitregelungen
Zahlreiche Gesetze müssen zu Anpassung an den DSA geändert werden. Dies sind großteils nur redaktionelle Anpassungen, hervorzuheben sind aber folgende Neuregelungen:
Zur Umsetzung der E-Commerce-Richtlinie wurde schon im Jahr 2002 das E‑Commerce-Gesetz (ECG) erlassen. Dieses enthielt bisher Haftungsprivilegierungen für Online-Diensteanbieter. Da diese nun weitgehend identisch der DSA regelt, werden die bisherigen Haftungsprivilegierungen des ECG aufgehoben.
Gleichzeitig werden Vermittlungsdienste zur Erteilung von Auskunft über ihre Nutzer gegenüber Gerichten und Verwaltungsbehörden zur Verhütung, Ermittlung, Aufklärung oder Verfolgung gerichtlich strafbarerer Handlungen verpflichtet. Auch Privatpersonen steht ein gerichtlich durchsetzbarer Auskunftsanspruch zu, sofern sie ein rechtliches Interesse glaubhaft machen können. Allerdings müssten Gerichte prüfen, ob ein solcher Anspruch gegen Diensteanbieter aus anderen EWR-Mitgliedstaaten nicht dem Herkunftslandprinzip widerspricht. Dieses untersagt grundsätzlich, Dienste der Informationsgesellschaft aus EU-Mitgliedstaaten strengeren Vorschriften zu unterwerfen als nach ihrem Heimatstaat. Die Gerichtsgebühren für solche Auskunftsanträge sind mit EUR 87 besonders niedrig.
Zur Bekämpfung von Hass im Netz wird eine schnelle Zustellung einer gerichtlichen Entscheidung an den Vermittlungsdienst per E-Mail vorgesehen. Bei einer erheblichen Ehrenbeleidigung einer natürlichen Person hat der Verfasser der beleidigenden Nachricht auch eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung (ideeller Schadenersatz) zu leisten. Außerdem soll die bisherige kurze Verjährungsfrist für Ehrenbeleidigungsklagen von einem Jahr auf drei Jahre verlängert werden.
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